Informationen

Datum 28.09.2024
Autor Janine
Sonstiges Zur Kurzfassung
Zurück zur Bibliothek

Die Dryade von Havanthie


Donnerstag, 18.09.888

Nachdem wir den unheimlichen Geist mit Karlas Weihwasser besiegt hatten, schauten wir uns vor der Kirche um. Der Tag brach heran, und außer den zwitschernden Vögeln und dem Rauschen des Windes war alles ruhig. Es schien, als wäre durch die Vernichtung des Geistes alles wieder zur Normalität zurückgekehrt. Rund um die Kirche waren diverse Fußspuren im Staub zu erkennen, die in Richtung der Kirche deuteten.

Klick 4 hatte die dunklen Samen und die seltsame Scheibe aus der Kirche bei sich. Da wir immer noch nicht wussten, was es mit diesen seltsamen Dingen auf sich hatte, beschloss ich, Kyra, einen Samen am Beginn einer der Fußspuren einzupflanzen, und die Zwergin Gilda goss den Samen mit etwas Wasser. Arombolosch öffnete einen der Samen, jedoch geschah – außer einem leichten Zischen, das aus dem Samen entwich – nichts Ungewöhnliches. Auch das Platzieren eines Samens auf der Scheibe brachte keine neuen Erkenntnisse. C122 legte die Scheibe auf den Kirchenplatz, doch auch diese Aktion störte die Ruhe des neu angebrochenen Tages nicht. Nachdem wir die Scheibe mit den Steinen der Kirche verglichen und herausgefunden hatten, dass diese aus verschiedenen Materialien bestehen, beschlossen wir, zurück nach Havanthie zu gehen. Zusammen mit dem verwirrten Arnold liefen wir durch den Wald und fanden den Weg zurück zu dem kleinen Dörfchen. Als wir aus dem Wald hinaustraten, lag ein zweites Boot im Hafen von Havanthie. Im Gegensatz zu unserer Kogge war dieses Schiff deutlich imposanter. Es hatte aufwändige hölzerne Verzierungen und eine edle Gallionsfigur, was darauf schließen ließ, dass eine sehr wohlhabende Person in Havanthie eingetroffen war. Als wir uns dem Dorf näherten, erkannten wir keinen Geringeren als den Vogt von Porta persönlich, umringt von einer Schar Soldaten.

Donnerstag, 25.09.888

Als wir uns dem Dorfplatz näherten, rief Arnold: „Hier bin ich zu Hause!“ und lief in sein Elternhaus. Der Rest unserer Truppe näherte sich dem Vogt, der nach wie vor bei der Taverne stand. Der Vogt Battenberg donnerte: „Wo seid ihr gewesen?! Ihr solltet nur beobachten, was in diesem verdammten Wald vor sich geht, und schon seid ihr für eine Woche verschwunden, ohne mir eine einzige Nachricht zu überbringen. Nur euretwegen sah ich mich gezwungen, mein geliebtes Porta zu verlassen und selbst nach dem Rechten zu sehen. Nennt mir nur einen guten Grund, warum ich euch noch bezahlen sollte!“

Wir schauten uns verwirrt an, und ich sagte: „Einen Moment, Vogt Battenberg. Ihr sagtet, eine Woche sei vergangen? Wir haben beschlossen, im Wald nach weiteren Informationen zu suchen und haben lediglich eine einzige Nacht dort verbracht! Das ergibt doch keinen Sinn. Wurde denn in unserer Abwesenheit etwas Ungewöhnliches im Wald beobachtet?“

„Etwas Ungewöhnliches? Nein, selbst der Nebel hat sich seit fünf Tagen nicht mehr blicken lassen. Jedoch glaube ich euch nicht so recht, dass ihr angeblich nur eine Nacht im Wald verbracht habt. Zudem solltet ihr auch nur beobachten!“

Karla, die Priesterinnennovizin und Nichte des Vogts, ging dazwischen und erzählte ihm von unseren Erlebnissen im Wald, von Arnold, der seit Jahren vermisst wurde, und den unheimlichen Begegnungen mit Untoten und Geistern. Durch die Erzählungen seiner Nichte milde gestimmt, lud der Vogt unsere gesamte Truppe in die Taverne ein und zahlte uns außerdem unseren rechtmäßigen Lohn. Nach einer Stärkung in der Taverne und einem ausschweifenden Umtrunk fühlten wir uns alle mächtiger, stärker, schöner…

Gilda, Klick 4, C122 und Kyra spürten das plötzliche Erwachen ungeahnter magischer Kräfte, wohingegen bei Arombolosch kriegerisches Geschick und ein überaus starker Kampfgeist geweckt wurden.

Nach den Feierlichkeiten legten sich nach und nach alle zur Ruhe. Arombolosch torkelte in sein Nachtquartier, ebenso wie ich ein Einzelzimmer gewählt hatte. C122 konnte selbst nach unserem glorreichen Sieg nicht von seinen Pflichten ablassen und hat sich dazu bereit erklärt, die Taverne zu bewachen. Typisch Stadtwache – sie können einfach nicht aus ihrer Haut oder in diesem Fall aus ihrem juwelenbesetzten Metallgehäuse. Klick 4 und Gilda haben beschlossen, sich ein Zimmer für eine heiße Nacht zu teilen. Sind Uhrwerke überhaupt für solche Aktivitäten zu gebrauchen? Nun, ich schätze, die beiden werden es herausfinden.

Ich zog mich in mein Einzelzimmer zurück, das zwar rustikal, aber sehr gemütlich und mit Liebe eingerichtet war. Nachdem ich die letzten Nächte auf der Erde oder dem Kirchenboden verbracht hatte, freute ich mich auf eine ungestörte Nacht in einem weichen Bett. Sobald mein Kopf das Kissen berührte, fiel ich in einen traumlosen Schlaf. Ich wurde von Geschrei und Herumgepoltere geweckt. Kann man hier nicht einmal in Ruhe schlafen, ohne dass irgendetwas passiert? Kurz überlegte ich, die anderen zu ignorieren und weiter an meinem Schönheitsschlaf zu arbeiten, aber so laut wie sich meine Mitstreiter verhielten, war an Schlaf nicht mehr zu denken. Missmutig zog ich mir meine Kleidung an und machte mich auf den Weg in den Schankraum. Unten angekommen, traf ich auf einen alarmierten Arnold, C122, Klick 4 und einen durchnässten Arombolosch. Gilda hatte scheinbar meinen ersten Gedanken in die Tat umgesetzt und ist in ihrem Zimmer geblieben.

Der aufgeregte Arnold sagte: „Ich hab vom Baum geträumt! SIE hat gesagt, wir müssen kommen!“ Ich betrachtete Arnold, und nachdem er am Abend zuvor gewaschen und neu eingekleidet wurde, sah er besser aus. Jedoch war nun deutlich, dass er definitiv älter aussah als 28; vielmehr entsprach sein Erscheinungsbild einem Mann Ende 50. Es scheint, als verginge die Zeit in dem Wald tatsächlich deutlich schneller. „Ihr müsst in den südlichen Wald!“, ließ Arnold nochmals verlauten. Auf Nachfrage konnte er uns keine vernünftige Antwort geben, und somit beschlossen wir, unsere Nachtruhe fortzusetzen und morgen in Ruhe über Arnolds Ausbruch zu sprechen.

Freitag, 26.09.888

Durch den Lärm der Soldaten geweckt, machte ich mich am Morgen des nächsten Tages erneut auf den Weg in den Schankraum. Zusammen mit der restlichen Truppe nahm ich mein Frühstück ein und bereitete mir wie jeden Tag einen Tee aus meinen Hexenkräutern. Ich beobachtete Gilda dabei, wie sie versuchte, einem armen Soldaten einen der dunklen Samen als wundersames Potenzmittel zu verkaufen. Der arme Tropf nahm sich tatsächlich einen der Samen und kaute darauf herum, nur um ihn kurz darauf angewidert auf den Boden zu spucken.

Nach dem Frühstück verschwand Gilda, und der Rest unserer Gruppe besuchte den Vogt auf seinem Schiff und erzählte ihm von den Vorkommnissen der letzten Nacht. Der Vogt eröffnete uns, dass er mit seinen Soldaten in den nördlichen Wald gehen wird, um unsere Erzählungen zu überprüfen. Der Vogt konnte uns bei unseren Plänen, den südlichen Wald zu besuchen, nicht unterstützen. Da Arnold jedoch so aufgeregt und verzweifelt gewirkt hatte, beschlossen wir, uns den südlichen Wald trotzdem anzusehen.

Auf dem Dorfplatz trafen wir Gilda wieder, die plötzlich eine zerschlissene Lederrüstung über ihrer Kleidung trug. Für eine kleine Zwergin hat Gilda wahrlich lange Finger. Wir liefen in Richtung des südlichen Waldes und erreichten den Waldrand am späten Nachmittag. Wir schlugen unser Lager auf, um den Wald am nächsten Tag zu erkunden. Es wurde Feuerholz für ein Lagerfeuer gesammelt, und zu später Stunde legten sich die Lebenden der Gruppe zur Ruhe, während die beiden Uhrwerke C122 und Klick 4 Wache hielten. Auch in dieser Nacht sollte uns keine Ruhe vergönnt sein, da uns C122 mitten in der Nacht aufweckte. Vier menschliche Banditen stürmten aus dem Wald und waren töricht genug, uns anzugreifen. Schlaftrunken stellten wir uns dem Überfall und besiegten die Banditen, was unter anderem an einem kleinen magischen Gürteltier mit ungeahnter Stärke lag. Ich durchsuchte die Leichen und erbeutete zwei Keulen, einen Dolch und ein Kurzschwert. Nach dieser dreisten Unterbrechung der Nachtruhe legten wir uns wieder schlafen.

Samstag, 27.09.888

Nach dem Aufstehen machten wir uns auf den Weg in den Wald und liefen immer weiter in Richtung Süden. Während wir wanderten, hörten wir ein Flüstern in einer uns unbekannten Sprache. Nach geraumer Zeit erreichten wir eine Lichtung. Mitten auf der Lichtung stand ein gewaltiger Baum mit brauner Rinde und filigranen grünen Blättern. Neben dem Baum stand eine Frau, von der ein übernatürlicher grüner Schimmer ausging. Sie stellte sich als Lyssandra vor und erklärte uns, dass sie ein Baumgeist sei und an diesen mächtigen Baum gebunden ist.

Wir befragten sie zu den Vorkommnissen im nördlichen Wald, den dunklen Samen und ob sie Arnold so verstört hatte. Lyssandra wusste nichts über den Nebel, jedoch erzählte sie uns, dass der Poltergeist vor rund 200 Jahren einen bösen Kult anführte. Als wir ihr die dunklen Samen zeigten, sagte die Dryade, dass dunkle Magie in ihnen steckt und diese vernichtet werden sollten. „Ich sandte Arnold eine Vision, da ich eure Hilfe brauche, der Wald braucht eure Hilfe! Die Wurzeln des Waldes sind verbunden, und ich spüre, dass sich das Böse in diesem Wald manifestiert. Der Ursprung liegt in einer Höhle. Bitte helft uns, ihr Abenteurer“, sprach Lyssandra.

Ohne weitere Informationen zu erhalten, beschlossen wir, ihr zu helfen, und machten uns auf die Suche nach der besagten Höhle. Nach einiger Zeit entdeckten wir einen Höhleneingang, dem wir uns langsam näherten. Da es stockdunkel war, entzündeten wir eine Fackel und wagten uns vorsichtig in die Höhle hinein. Ein Tunnel aus Stein führte uns tiefer und tiefer hinab, während sich ein süßlicher Geruch nach Verwesung in unsere Nasen grub. Der Boden wurde zunehmend glitschiger, und bei genauem Hinsehen sahen wir, dass er rot gefärbt war. Rot wie … Blut? „Wie gelangen wir jedes Mal in solche abstrusen Situationen“, dachte ich und versuchte, meinen Brechreiz aufgrund des starken Gestanks zu unterdrücken.

Plötzlich öffnete sich der Tunnel und ging in ein großes Gewölbe über. Das Gewölbe war so groß, dass unsere Fackel nicht hell genug war, um es bis in die letzten Winkel zu erleuchten. In der Dunkelheit hörten wir ein leises Rasseln von Ketten, dann Schritte, die auf uns zukamen. Im schwachen Schein der Fackel zeichnete sich die Silhouette von etwas Riesigem ab. Wir machten uns kampfbereit, und C122 beschwor das Kampfgürteltier. Während wir zum Angriff übergingen, erkannten wir, dass es sich bei dem Ungetüm um ein Konstrukt handelte, das aus mehreren Leichen zusammengesetzt war und von grobgliedrigen Ketten zusammengehalten wurde.

Trotz der enormen Größe unseres Gegners schlugen wir uns wacker, wobei sich mitten im Kampf eine Leiche von dem Konstrukt löste und sich uns als Einzelkämpfer entgegenstellte. Trotz des zusätzlichen Gegners behielten wir die Oberhand und gingen siegreich aus dem Kampf hervor. Nach dem Kampf durchsuchten wir die Höhle, fanden jedoch nichts Nennenswertes außer Leichen, Blut und diesen bestialischen Gestank. Wir beeilten uns, aus diesem Höllenloch zu verschwinden, und legten eine kurze Verschnaufpause ein, als wir endlich wieder das Tageslicht und die frische Luft erreichten.